Mittagspause bei Amazon in Pforzheim. Angeregt unterhält sich Melanie Wieland in der Kantine mit ihren Kollegen. Das sieht man. Hören kann man nicht, was sie sagt. Melanie ist gehörlos und kommuniziert in Gebärdensprache. Amazon beschäftigt in seinen Logistikzentren bereits seit einigen Jahren gehörlose Mitarbeiter. In Werne übernehmen speziell geschulte Instruktoren deren Einarbeitung – in Gebärdensprache. Verkehrsreiche Bereiche mit vielen Flurförderfahrzeugen oder Gabelstaplern eignen sich weniger für den Einsatz von Gehörslosen, weil die Sicherheit dort erfordert, die Warntöne ankommender Fahrzeuge hören zu können. Eine Tätigkeit an einer der sogenannten Packstationen ist aber problemlos möglich.
„Ich wurde von Anfang an herzlich im Team aufgenommen. Zunächst war es nicht ganz leicht, einen Draht zu den hörenden Kollegen aufzubauen, mittlerweile können wir uns problemlos verständigen."
Melanie ist seit ihrer Geburt gehörlos. Nach einer dreijährigen Ausbildung als Kauffrau im Gesundheitswesen fand sie keinen Job in ihrem Lehrberuf – eine Odysee begann. Sie probierte viele verschiedene Jobs aus, zuletzt in einer Wäscherei. Doch während ihrer Suche nach einer „guten Arbeit, die gut bezahlt wird“, musste sie „viel Zeit und Geduld“ aufbringen. „In meinen bisherigen Jobs war ich nie wirklich Teil des Teams, es gab keinerlei Integrationsmaßnahmen“, berichtet die 42-Jährige von den Rückschlägen bei ihren ersten Versuchen, in der Arbeitswelt Fuß zu fassen. Letztes Jahr erfuhr sie dann über einen Bekannten von einer freien Stelle bei Amazon, reichte ihre Unterlagen ein, überzeugte im Bewerbungsgespräch und hatte im Februar 2016 ihren ersten Tag im Logistikzentrum in Pforzheim. Sie wurde von Anfang an in ihrem Team herzlich aufgenommen und hat sich innerhalb des ersten halben Jahres bereits mit allen Arbeitsabläufen vertraut gemacht. Über ihre neue Tätigkeit ist Melanie sehr glücklich. „Die lange Wartezeit hat sich gelohnt“, sagt Melanie.
Einstieg leicht gemacht
Zusammen mit Melanie haben vier weitere gehörlose Kollegen ihre Arbeit bei Amazon in Pforzheim begonnen. Darauf hat sich das Logistikzentrum gut vorbereitet. Zunächst wurde überlegt, welche Tätigkeitsbereiche am besten für die neuen Mitarbeiter geeignet sind. In Abstimmung mit dem Integrationsamt in Pforzheim einigte man sich nach einer Ortsbegehung auf die Packstationen als bestes Einsatzgebiet. Wie auch für ihre hörenden Kollegen stand für Melanie zunächst ein Woche Einarbeitungszeit auf dem Plan. Hier wurden ihr die erfahrene Kollegin Marlene Koop und ein Gebärdendolmetscher zur Seite gestellt. Mittlerweile arbeitet sie völlig selbstständig. Für den Notfall trägt sie einen Pager, der sie etwa bei Feueralarm durch Vibration warnt.
Kommunikation ist alles
In den Amazon Logistikzentren arbeiten Mitarbeiter aus mehr als 150 Nationen zusammen. Die Kommunikation in vielen verschiedenen Sprachen ist folglich Alltag. Nun hat eine weitere Sprache Einzug gehalten: die Gebärdensprache.
Sie kann von den Lippen ablesen und im Zweifel wird schriftlich kommuniziert. „Einigen Kollegen habe ich bereits einfache Begriffe in Gebärdensprache beigebracht, das klappt ganz gut“, lacht die Packerin. Ihre direkten Vorgesetzten sind in Gebärdensprache geschult. „Das Teamgefühl und die Achtsamkeit füreinander werden durch die Zusammenarbeit mit gehörlosen Mitarbeitern gestärkt. Davon profitieren auch die hörenden Kollegen“, sagt Standortleiter Alexander Bruggner.
Nicht nur gehörlose Arbeitssuchende bekommen bei Amazon eine Chance. Die Agentur für Arbeit Koblenz-Mayen hat Amazon Koblenz mit dem „Zukunftszertifikat 2014“ ausgezeichnet, einer Anerkennung für die Integration von schwerbehinderten, älteren, geringer qualifizierten oder langzeitarbeitslosen Mitarbeitern.