Dresden gilt als einer der wichtigsten IT-Standorte Deutschlands. Auch Amazon betreibt in der Landeshauptstadt seit acht Jahren ein Forschungs- und Entwicklungszentrum. Ende August eröffnete das Unternehmen offiziell sein nagelneues Bürogebäude im Stadtteil Leipziger Vorstadt, in welches das Dresdner Team bereits im April umzog. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) zeigte sich bei der Eröffnung erfreut darüber, dass mit Unternehmen wie Amazon der Bereich der Softwareentwicklung in der als Silicon Saxony bekannten Region einen immer größeren Stellenwert gewinnt. Wir haben mit Chris Schlaeger, Standortleiter und Geschäftsführer der Amazon Development Center Germany GmbH, über Amazons Anfänge in Dresden und den neuen Standort gesprochen und nachgefragt, was an der Amazon Elastic Compute Cloud (EC2) eigentlich das Elastische ist.
Chris, warum habt Ihr euch überhaupt vor über acht Jahren hier am Standort Dresden niedergelassen und warum seid Ihr jetzt in ein größeres Büro umgezogen?
Unser zwölfköpfiges Urteam, zu dem ich auch gehöre, arbeitete bei einem großen amerikanischen Halbleiterunternehmen, das vor acht Jahren umstrukturierte und Standorte schloss. Ich war damals schon Standortleiter und wollte unser bestehendes Team erhalten. Ich kam in Kontakt mit Amazon, die auf der Suche nach Informatikerinnen und Informatikern für ein spezielles Softwareprodukt, einen Hypervisor, waren. Wir konnten das und wurden so kurze Zeit später Teil des weltweiten Amazon Entwicklerteams. Aus diesen zwölf Leuten sind mittlerweile 120 geworden, Tendenz steigend. Unser altes Büro platzte aus allen Nähten, deshalb war ein Umzug nötig. Natürlich sind auch unsere Arbeitsplätze jetzt viel moderner. Es gibt spezielle Räume für die Zusammenarbeit, zum Rückzug und zur Entspannung, einen Gaming-Raum, einen Stillraum für Mütter, einen Dachgarten und eine von uns mitentwickelte optimale Mischung aus offenen und geschlossenen Büros. In der neuen Niederlassung finden bis zu 340 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Platz – viel Potential also, um weiter zu wachsen.
„Mehr als 15 Nationalitäten arbeiten bei uns. Diese Vielfalt schafft Kreativität."
Stell‘ uns dein Team doch mal etwas genauer vor. Wer arbeitet bei euch?
Bei uns arbeiten vor allem Leute aus den Bereichen Informatik, Softwareentwicklung sowie Projektmanagement, etliche auch als Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger. Rund die Hälfte der Mitarbeitenden kommt aus Nachbarländern wie Polen und Italien, aber auch aus den USA, Indien, Südamerika und Australien. Mehr als 15 Nationalitäten sind hier in Dresden versammelt. Ich bin begeistert von dieser Vielfalt, denn sie schafft Kreativität.
Was macht Dresden so attraktiv für Dich und die vielen einheimischen und internationalen Talente, die bei Euch entwickeln und forschen?
„Beim Thema Datensicherheit sind wir weltweit führend, dank Technologie aus Dresden."
Entscheidend ist das wissenschaftliche und wirtschaftliche Umfeld. Die Region wird zurecht in Anlehnung an das Silicon Valley als „Silicon Saxony“ bezeichnet. Die Technische Universität Dresden ist international führend in der Informatik- und Nanoelektronik-Forschung. Seit 2013 pflegt Amazon eine Partnerschaft mit der TU Dresden, ab kommendem Wintersemester unterstützen wir Stipendiatinnen und Stipendiaten des Deutschlandstipendiums im Fach Informatik. Die TU Dresden ist zudem eine der wenigen Hochschulen in Europa, die Betriebssystemforschung betreibt – für uns ein wichtiges Thema. Betriebssysteme sind die unterste Softwareschicht, die auf jedem Computer vorhanden ist und die Nutzung von Programmen ermöglicht, letztlich auch den Service Amazon Elastic Compute Cloud (EC2).
Von der Cloud haben die meisten schon mal etwas gehört. Was kann man sich unter EC2 vorstellen und was daran ist „elastisch“?
AWS-Kunden, wie zum Beispiel große Streaming-Dienste oder Unternehmen, die Machine Learning-Modelle nutzen, benötigen sehr leistungsfähige Rechner und sichere, skalierbare Rechnerkapazitäten. Mit dem AWS-Service Amazon Elastic Compute Cloud (EC2) müssen sie sich die benötigte Hardware dafür nicht selbst anschaffen. Sie melden sich bei AWS an und können binnen Minuten auf die Server zugreifen. Das spart ihnen Geld, Zeit, Platz und Wartungsaufwand. Die Rechner, die AWS den Kunden zur Verfügung stellt, sind virtuelle Computer. Wir nennen sie EC2-Instanzen. AWS hat ein Baukastensystem von über 200 verschiedenen Instanzen im Angebot, um ganz unterschiedliche Anforderungen der Kunden abzudecken – von Basis-Cloud-Diensten wie Datenbanken bis hin zu hochspezialisierten Anwendungen wie Deep Learning oder Maschinellem Sehen (Computer Vision). Jeder Kunde bekommt zu jeder Zeit immer genau die Kapazitäten, die gerade benötigt werden. Sie können ihre Kapazität jederzeit hoch- oder runterfahren und zahlen auch nur für die tatsächlich genutzten Ressourcen. Das System ist also sehr flexibel, man könnte auch sagen „elastisch“. Auf einem physischen Server laufen, dank der Hypervisor-Software, eine spezielle Software, die in Dresden mitentwickelt wird, in der Regel viele Instanzen gleichzeitig.
Den Hypervisor hast Du vorhin schon erwähnt, er war Euer erstes Projekt für Amazon. Ihr arbeitet also immer noch daran?
Die Hypervisortechnologie wird von uns hier in Dresden und weiteren internationalen Teams ständig weiterentwickelt. Sie ist das Herzstück des Angebots. Der Hypervisor ist eine Software, die den verschiedenen virtuellen EC2-Instanzen Ressourcen wie Prozessorleistung, Arbeits- oder Festplattenspeicher zuteilt. Er garantiert eine optimale Auslastung unserer Server, die wir dadurch viel energieeffizienter betreiben als es ein klassisches Rechenzentrum könnte. Der Hypervisor sorgt außerdem für die Trennung der virtuellen Systeme untereinander und – ganz wichtig – für die Datensicherheit. Die Daten der Kunden werden in der Cloud konsequent verschlüsselt und nur zur Verarbeitung innerhalb der virtualisierten EC2-Instanzen dekodiert. Dank dieser Technologie ist AWS bei der Datensicherheit weltweit führend.
Chris Schlaeger arbeitet seit über acht Jahren bei Amazon. Er ist Geschäftsführer der Amazon Development Center Germany GmbH und Director der Kernel- und Betriebssystementwicklung in Dresden. Seine Teams in Deutschland und Großbritannien entwickeln als Teil der weltweiten Entwicklerteams die unterste Softwareschicht, die auf fast allen Amazon Servern läuft. Bevor er zu Amazon kam, leitete er die Betriebssystementwicklung bei AMD und SUSE. Er studierte Elektrotechnik an der RWTH Aachen.