Ein barrierefreies Arbeitsumfeld schaffen, in dem jede und jeder sich einbringen kann. Das ist das Ziel der Affinity Group „Amazon People with Disabilities“, in der sich Mitarbeiter:innen für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen einsetzen.
Im Sommer 2020 hat Yvonne Dellhofen, HR Regional Partner bei Amazon, die deutsche Regionalgruppe von „Amazon PwD“ ins Leben gerufen und sich Unterstützung aus dem Business Management geholt: Gemeinsam mit Martin Schüler, Director Hardlines für Deutschland, und weiteren Kolleg:innen entwickelt sie seitdem Maßnahmen, die Barrieren abbauen. Das können physische Barrieren wie Treppen oder Türschwellen sein – oder Barrieren im Kopf: Angst, über eine Behinderung zu sprechen, oder Hemmungen im Umgang mit Kolleg:innen.
Über 100 Interessierte gehören der Gruppe „Amazon PwD“ in Deutschland heute an. Die Aktivitäten und Themen reichen von Informationsveranstaltungen und Hilfeseiten, über die Beratung von Kolleg:innen, bis hin zu Verbesserungen für einen barrierefreien Bewerbungs- und Einstellungsprozess.
Es gibt schon viele motivierende Erfolgsgeschichten, aber auch noch genug zu tun – und alle sind gefragt, mit anzupacken: Im Mai veranstaltet Amazon weltweit den “Global Accessibility Awareness Month” (GAAM), einen Aktionsmonat rund um die Barrierefreiheit mit Fokus auf digitalen Zugang und Inklusion. Veranstaltungen und Aktionen rücken die Perspektive von Kolleg:innen und Kund:innen mit Behinderung in den Fokus, und in allen Aktivitäten sind Menschen mit Behinderung aktiv involviert.
Yvonne Dellhofen und Martin Schüler berichten im Interview, was sie zur Gründung des deutschen Amazon PwD-Chapters bewegt hat und was sie als nächstes vorhaben.
Warum ist es euch wichtig, sich für Menschen mit Behinderungen zu engagieren?
Yvonne: Ich bin zum ersten Mal vor zwei Jahren im Rahmen meines regulären Jobs bei Amazon mit dem Thema Schwerbehinderung in Berührung gekommen, und mir wurde bewusst, dass nicht all unsere Gebäude behindertengerecht gestaltet sind. Es gab auch kein Forum, in dem sich Mitarbeiter:innen mit Behinderungen austauschen konnten. Natürlich haben wir als erstes eine individuelle Lösung für die Kollegin gefunden, um die es ging. Ich habe aber verstanden, dass wir unsere Belegschaft insgesamt besser unterstützen könnten. Für mich ist das Thema auch eine private Herzensangelegenheit: In meiner Familie gibt es einen Fall, wo Arbeitsunfähigkeit und die Frage nach alternativen, inklusiven Arbeitsmaßnahmen unseren Alltag bestimmt haben.
Martin: Als Yvonne mich fragte, ob ich die deutsche Regionalgruppe als Sponsor unterstütze, habe ich direkt zugesagt. Auch ich habe im engen Familienkreis persönliche Erfahrungen mit dem Thema Behinderung gemacht. Inklusion sollte heute selbstverständlich sein – ob im Alltag, in der Schule oder im Berufsleben. Die Realität sieht aber oft noch anders aus und es kostet viel Kraft, mit Einschränkungen am normalen Leben teilzunehmen. Wir wollen das für den Arbeitsalltag bei Amazon ändern.
„Wir wollen ein Umfeld der Zugehörigkeit schaffen. Dazu beizutragen, ist Motivation pur!"
Was sind die Ziele von Amazon PwD?
Martin: Wir wollen aktiv daran mitwirken, dass Amazon Vorreiter in Sachen Inklusion wird. Wir wollen intern ein Sprachrohr für Mitarbeiter:innen mit Behinderung sein. Sie gehören dazu. Diversität schließt Menschen mit Behinderung ein. Und Diversität macht uns besser und innovativer.
Yvonne: Als wir die Gruppe ins Leben gerufen haben, wussten wir nicht, wie das Thema angenommen wird. Und eine Behinderung ist oft ein sensibles Thema. Die ersten Schritte waren also, eine Vertrauensbeziehung zu schaffen und Kolleg:innen zu motivieren, sich der Gruppe anzuschließen. In der Gemeinschaft liegt Stärke.
Was wir erreichen wollen, ist kurz gesagt „ein inklusives Arbeitsumfeld für alle“ – hier sind die Teams der Logistikzentren schon weiter als wir im Corporate Bereich. Aber wir nehmen das Thema ernst und kommen Schritt für Schritt voran.
Was habt ihr euch vorgenommen, um Inklusion bei Amazon zu stärken? Welche Barrieren stehen zuerst an?
Yvonne: 2021 steht für unsere Gruppe Barrierefreiheit in unseren Bürogebäuden in München und Berlin im Fokus. Angefangen bei kleinen Änderungen wie einer Rampe für Rollstuhlfahrer an allen Eingängen oder niedrigeren Empfangstresen. Langfristig wollen wir dazu beitragen, Inklusion in der Planung zu verankern und mit Designkonzepten zu arbeiten, die in all unseren zukünftigen Flächen hohe Standards setzen. Wir brauchen dafür tatsächlich auch die Mitarbeit von Menschen mit Behinderung, um die reellen Bedürfnisse besser zu verstehen. Das ist wichtig, weil es sehr unterschiedliche, meist nicht auf den ersten Blick sichtbare Einschränkungen und Herausforderungen gibt.
Gleichzeitig wollen wir mehr Menschen im Unternehmen für das Thema sensibilisieren und Stigmata beseitigen. Wir wissen, dass sich einige noch nicht trauen, über ihre Behinderung zu sprechen, weil sie sich fragen, ob es negative Auswirkungen auf ihre Karriere haben könnte. Das darf nicht sein. Hier müssen wir Vertrauen aufbauen und in den Dialog gehen – wir entwickeln gerade konkrete Konzepte in dieser Richtung.
„Je mehr mitmachen, desto mehr Aufmerksamkeit erhält das Thema und die Chance ist größer, dass wir Ängste nehmen."
Das heißt, Barrierefreiheit beginnt im Kopf?
Martin: Zumindest lässt sich ein Bewusstsein für Barrierefreiheit lernen. Daher schulen wir unsere Führungskräfte und geben ihnen Materialien an die Hand, wie man ein diverses Team führt, gerade mit Blick auf Mitarbeiter:innen mit Behinderung. Das kommt an: An unserem Training im März haben über 350 Kolleg:innen teilgenommen.
Auch im Bewerbungsprozess hat Inklusion für uns einen hohen Stellenwert. Wir wollen Frustration vermeiden und gleiche Chancen bieten – vom ersten Kontakt an. Wir arbeiten daran, unsere Recruiter:innen bestmöglich darauf vorzubereiten.
Inwieweit bringt ihr eure Perspektive beim weltweiten Aktionsmonat für Barrierefreiheit im Mai ein?
Yvonne: Zum einen durch Präsenz und Sichtbarkeit: Wir lassen Amazon Mitarbeiter:innen mit Behinderung zu Wort kommen. Sie teilen ihre Herausforderungen im Arbeitsalltag und inspirieren damit hoffentlich andere, sich Barrieren bewusst zu machen und eventuell auch unserer Gruppe beizutreten. Wir freuen uns über engagierte Unterstützer für das Thema. Ich teile zudem in einer Live-Übertragung mit Kolleg:innen aus anderen Ländern meine Erfahrungen und Tipps zum Aufbau der Gruppe, um auch weitere Regionen zu ermutigen, das Thema aktiv anzugehen.
Martin: Zusätzlich bringen wir Amazon Mitarbeiter:innen aus unterschiedlichen Bereichen wie Personal, Gebäudemanagement, Logistik und Entwicklung virtuell zusammen. Diese Perspektivenvielfalt wollen wir nutzen um Ideen zu teilen, wie ein inklusiveres Arbeitsumfeld für unsere Mitarbeiter:innen aussehen kann. Ich freue mich drauf!