Mit der Datenflut ist es heutzutage so eine Sache. Sie ist einerseits ein Segen: Wissen wird zugänglich, Chancen entstehen, Ozeane können in Sekundenschnelle virtuell überwunden werden. Auf der anderen Seite ist sie aber auch ein Fluch: Es gibt wunderbare Webseiten, auf denen man dem Internet buchstäblich beim Wachsen zusehen kann – und bereits nach wenigen Augenblicken wird einem klar, wie viele Daten in kürzester Zeit hinzukommen. 70 Terabyte sind es derzeit etwa pro Sekunde. Damit ließe sich das Speichervolumen von rund 150 gut bestückten Smartphones der neuesten Generation füllen. Wie gesagt: pro Sekunde!
Die Datenmengen im Web zu reduzieren ist heute mehr denn je eine wichtige Aufgabe. Das Zauberwort dafür lautet „Komprimierung“. Eine Definition des Begriffs klingt zunächst einmal äußerst einfach: Komprimierung beschreibt die Reduktion von Daten. Im beschriebenen Fall vor allem um die Ladezeiten auf der Webseite zu verkürzen, ohne dabei die Qualität zu reduzieren. Was so einfach klingt, ist in der Praxis allerdings extrem kompliziert. Denn die Kunst besteht darin, zu komprimieren, ohne zu reduzieren – das bedeutet, ohne dass Informationen verloren gehen. Man kann sich das in etwa vorstellen, wie bei einem Text und seiner Zusammenfassung: letztere wird immer auf etwas verzichten müssen, um kürzer zu sein als der originale Text. Das soll bei der Komprimierung vermieden werden.
Ein Team von Wissenschaftlern und Softwareentwicklern am Amazon-Standort in Tübingen hat es sich in internationaler Zusammenarbeit zur Aufgabe gemacht, dieses Kunststück für die Bilder auf den Amazon-Seiten weltweit zu vollbringen. Zu diesem Zweck wurden die Algorithmen zur Bildoptimierung nachhaltig überarbeitet. „In der Bildkompression werden insbesondere Datenredundanzen effizient ausgenutzt. Wir sind einen Schritt weiter gegangen und haben begonnen die Datenstruktur der Bilder derart zu verändern, dass die Veränderung nicht sichtbar ist, das Bild jedoch deutlich kleiner wird“, erklärt der Projektleiter Dr. Luitpold Staudigl. Das Ergebnis der Bemühungen kann sich sehen lassen: Im Schnitt erzielte das Team eine Reduktion der Dateigröße im zweistelligen Prozentbereich, ohne dabei an Bildqualität einzubüßen. Im Gegenteil - Das Team fand sogar eine Möglichkeit die Farbtreue bei Produktbilder zu verbessern.
Dies ist ein wichtiger Schritt für Amazon, um das Kundenerlebnis stetig zu verbessern und vor allem „vor dem Hintergrund beeindruckend, dass viele schlaue Leute über viele Jahrzehnte schon an diesem Problem gearbeitet haben“, weiß Lui, wie er von seinen Teammitgliedern genannt wird. Mehr als 300 Millionen Menschen kaufen auf den Amazon-Webseiten ein. Bilder machen dabei 80 Prozent des Contents aus und sind essentiell für die meisten Kaufentscheidungen. Qualität und Schnelligkeit sind somit zentrale Kriterien für Amazon, die Verkäufer und natürlich auch für die Kunden – gerade bei der immer wichtiger werdenden Nutzung über Mobilfunk, der nach wie vor nicht überall stabile und schnelle Internetverbindungen garantiert. Deshalb investiert Amazon kontinuierlich in die Verbesserung der Bilddarstellung, damit die Bilder nicht nur schnell geladen werden, sondern auch gut aussehen. „Jedes Mal, wenn ein potentieller Kunde die Webseite von Amazon besucht, hilft ein Stück Tübinger Erfindergeist Inhalte schneller und besser darzustellen – das motiviert ungemein und macht auch sehr stolz“ resümiert Lui.
Im Rahmen dieser Bestrebung kombiniert das Team am Standort Tübingen zukunftsweisende Methoden der künstlichen Intelligenz mit klassischen Ansätzen der Signal- und Bildverarbeitung. Hilfreich ist außerdem, dass zahlreiche Mitarbeiter langjährige Forschungs- und Industrieerfahrung in die Projekte einbringen. Auf Grund dieser Kompetenzbündelung baut Amazon seine globale Forschung an neuen Methoden zur Bildoptimierung auch in Tübingen aus, wo Lui und sein Team weiter an Projekten arbeiten, die die Kundenerfahrung zu verbessern.