Fotokameras erkennen Gesichter, Autos nehmen menschliche Bewegungen in ihrer Umgebung wahr. Längst haben wir uns daran gewöhnt, dass computergestützte Systeme im Alltag zeitweise unsere Augen ersetzen und unser Sehen erweitern. Auch im Geschäftsleben, in der Medizin oder in der Industrie ist Computer Vision, also Maschinelles Sehen, nicht mehr wegzudenken. Im Tübinger Cyber-Valley forscht Amazon seit 2018 an diesem Teilbereich der Künstlichen Intelligenz (KI). Neben festangestellten Amazon Forschern unterstützen auch externe Wissenschaftler als sogenannte Amazon Scholars die Forschungsarbeit. Thomas Brox ist einer von ihnen.
Der promovierte Informatiker ist Professor am Institut für Informatik der Universität Freiburg und leitet dort eine Forschungsgruppe im Bereich Computer Vision. Seit Kurzem unterstützt der mehrfach ausgezeichnete Wissenschaftler auch das Amazon Team in Tübingen mit seinen Erkenntnissen im Bereich Computer Vision. „Konkret geht es beim Maschinellen Sehen darum, Bilder dreidimensional zu vermessen, Schlussfolgerungen und Interpretationen abzuleiten, Informationen abzulesen und zu verarbeiten“, erläutert Thomas Brox. „Computer sind heute zum Beispiel teilweise schon besser als Menschen dazu in der Lage, auf MRT-Aufnahmen Tumore aufzuspüren. Auch Bewegungen in Bildern kann man heute viel zuverlässiger messen als noch vor einigen Jahren.“ Ein entsprechendes Verfahren entwickelte Thomas bereits als Doktorand 2004 gemeinsam mit einem Forscherteam an der Universität Saarbrücken. Seitdem hat er sich als Wissenschaftler dem Maschinellen Sehen und der Künstlichen Intelligenz verschrieben. „Maschinelles Sehen war für mich als Student der vielversprechendste Weg, um KI praxistauglicher zu machen“, sagt Thomas.
Die großen Fragen der Forschung angehen
An lebensnahen Anwendungen von KI und Computer Vision forscht auch das Team bei Amazon in Tübingen – und hält dabei stets Ausschau nach Kooperationsmöglichkeiten mit Wissenschaftlern, um den Austausch zwischen universitärer und angewandter Forschung sicherzustellen. „Ich hatte vor einigen Jahren schon mal die Möglichkeit zu Amazon zu gehen, doch ich wollte die Universität nicht gänzlich verlassen. Die freie Arbeit an der Uni macht Spaß und ist mir sehr wichtig“, erzählt Thomas. „Trotzdem hat es mich immer gereizt, auch mal etwas Anderes auszuprobieren, all die schönen wissenschaftlichen Ergebnisse auch in nützliche Produkte einfließen zu lassen. Das Scholar-Programm kam da genau richtig.“ 2017 von Amazon ins Leben gerufen, ermöglicht es weltweit Wissenschaftlern sich Amazon flexibel anzuschließen, ohne ihre akademische Wirkungsstätte verlassen zu müssen. Thomas widmet 30 Prozent seiner Arbeitszeit Amazons Forschung zum Maschinellen Sehen. Unter anderem in Amazons neugegründetem Lablet, einer Forschungsabteilung, die sich der offenen Grundlagenforschung im Bereich KI widmet. „Es ist eine tolle Chance, die sprichwörtlichen ‚großen Fragen‘ der Forschung anzugehen und gleichzeitig an der Umsetzung von Lösungen mitzuwirken“, sagt Thomas. „Amazon bietet dafür ein fächerübergreifendes Team und innovative technische Möglichkeiten.“
„Auch meine Studierenden profitieren von meiner Scholar-Tätigkeit.“
Nicht nur für sich persönlich, auch für seine Arbeit als Uni-Professor sieht Thomas in seiner Mitarbeit bei Amazon einen Vorteil. „Amazon sucht in Tübingen nach Lösungen für die Praxis, orientiert sich dabei an den Bedürfnissen seiner Kundschaft und ist stets darauf bedacht, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Die vielbeschriebene Start-Up-Mentalität spürt man hier überall“, so Thomas. „Diese Impulse nehme ich von Tübingen mit nach Freiburg, auch mit in meine Lehrveranstaltungen, die ich durch meine Einblicke bei Amazon stärker auf die Themen ausrichten kann, auf die es nach dem Studium wirklich ankommt. Mein Team an der Universität profitiert ebenfalls davon, dass mithilfe von Praktika bei Amazon Experimente auch im großen Stil durchgeführt werden können, was aufgrund der begrenzten Ressourcen an der Universität allein nicht möglich ist“, erzählt Thomas. Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten also. Seine Scholar-Tätigkeit kann der 43-jährige Familienvater flexibel im Wechsel mit Homeoffice und Anwesenheit im 160 Kilometer entfernten Tübingen gestalten. So bleibt ihm nebenbei noch genügend Zeit, ein privates Herzensprojekt umzusetzen: „Meine Familie will in Freiburg ein Haus bauen und ich nehme die technische Ausstattung weitgehend selbst in die Hand“, erzählt der Informatiker. „Das, was einem heute alles als „Smart-Home“ verkauft wird, reicht mir nicht aus. Ich plane mein Haus so, dass es in 50 Jahren noch an die sich ändernden klimatischen Bedingungen angepasst ist. Auch das ist KI von ihrer ganz praktischen Seite.“