Der Mensch erkennt und begreift seine Umwelt innerhalb von Sekundenbruchteilen. Während wir unsere Umwelt nicht nur wahrnehmen, sondern auch blitzschnell verstehen, mit welchen Gegenständen, Oberflächen und Beschaffenheiten wir es zu tun haben, gelingt einer Maschine diese Form der Abstraktion nur schwer.
Michael J. Black ist Amazon Scholar – ein Akademiker, der neben seiner Forschungstätigkeit an einer wissenschaftlichen Institution an umfangreichen technischen Herausforderungen bei Amazon arbeitet – und leitet die Abteilung Perzeptive Systeme am Max-Planck-Institut in Tübingen. Dort werden Computer darin geschult, Menschen und ihr Verhalten zu sehen und zu verstehen. Insgesamt arbeiten hier etwa 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Studierende und weitere angegliederte Forscherinnen und Forscher. Die Abteilung setzt beispielsweise auch Flugroboter und kamerabasierte Systeme zur Aufzeichnung menschlicher Bewegung ein.
Bereits 2010 hat Black, damals Professor an der Brown Universität in den USA, in Zusammenarbeit mit seinen Studenten Dr. Deqing Sun (Google) und Professor Stefan Roth (TU Darmstadt) die Publikation Secrets of optical flow estimation and their principles (2010) veröffentlicht. Gemeinsam erforschten sie die Möglichkeit der Berechnung des „optischen Flusses“ in Videosequenzen. Beim optischen Fluss geht es um die Schätzung von Bewegungen in Videos. Hierbei wird für jeden Bildpunkt berechnet, wohin dieser sich im Laufe einer Videosequenz bewegt. Durch die Entwicklung eines Algorithmus im Bereich des maschinellen Lernens können Bewegungen schneller und besser errechnet werden.
Für diese Forschung wurde Black am 16. Juni 2020 mit dem Longuet-Higgins Preis ausgezeichnet. Dieser Preis ehrt wissenschaftliche Beiträge, die über Jahre hinweg einen signifikanten Einfluss auf das Forschungsfeld der Computer Vision ausgeübt haben. Seit 2010 haben Black und seine Abteilung 57 Publikationen im Rahmen der Conference on Computer Vision and Pattern Recognition (CVPR) veröffentlicht. Der Preis ist mit 3.000 US-Dollar dotiert.
„Ich fühle mich geehrt, mit so tollen Studenten und Kollegen wie Deqing und Stefan zusammen gearbeitet zu haben und ich danke der Jury, dass sie unsere Veröffentlichung ausgezeichnet hat."
Black ist außerdem bisher der einzige Wissenschaftler, der die drei Test-of-time-Preise der bedeutendsten Konferenzen im Bereich Maschinelles Sehen (Computer Vision) erhalten hat. Im Jahr 2010 wurde er mit dem Koenderink-Preis auf der European Conference on Computer Vision (ECCV), im Jahr 2013 mit dem Helmholtz-Preis auf der International Conference on Computer Vision (ICCV) ausgezeichnet.
Als Amazon Scholar arbeitet Black in Tübingen neben Prof. Dr. Bernhard Schölkopf, der 2018 unter anderem mit dem Leibniz-Preis ausgezeichnet wurde.
Auch heute ist das menschliche Gehirn dem Computer-Gehirn noch einige Schritte voraus, wenn es um die genaue Erfassung der eigenen Umwelt geht. Roboter sollen künftig noch besser auf ihre Umwelt und darin enthaltene Bewegung reagieren, um beispielsweise stoppen zu können, wenn ein Mensch ihnen zu nahekommt. Da noch viel Forschung erforderlich ist bis die Möglichkeiten von IT-Systemen mit den Fähigkeiten des menschlichen Gehirns vergleichbar sind, erforscht Black weiterhin das maschinelle Lernen am Max-Planck-Institut in Tübingen.