Das Gerücht hält sich, dass der Online-Handel Innenstädte verstopfen würde und schlechter für das Klima sei als der stationäre Handel. Was ist dran? Das fragen wir Eva Sprengnetter und Joris D’Incà von Oliver Wyman. Sie haben sich genau mit diesem Thema befasst und eine Studie veröffentlicht.
Mal ganz direkt gefragt: Wer hat die bessere CO2-Bilanz – der Handel im Internet oder das Ladengeschäft?
Der E-Commerce hat für Non-Food-Sortimente eine bessere Klimabilanz als oftmals angenommen. Über die gesamte Lieferkette hinweg schneidet der Internet-Handel beim CO2-Ausstoß pro verkauftem Artikel in den untersuchten Ländern in Europa im Schnitt um den Faktor 1,5 bis 2,9 besser ab.
Warum ist das so? Welche Emissionen fallen denn beim stationären Einkauf an, die online nicht entstehen?
Die wichtigsten Faktoren, die den Unterschied erklären, betreffen den Energieverbrauch von Gebäuden (160 g CO2e für den E-Commerce und 1.200 g CO2e für den physischen Einzelhandel) und den Transport auf der letzten Meile (200 g CO2e für E-Commerce und 600 g CO2e für einen Verbraucher, der zu einem physischen Geschäft fährt).
Im physischen Einzelhandel wird ein größerer Teil der Flächen, vor allem der Geschäfte, beheizt während der Energieverbrauch für Lagerhallen geringer ist.
Bei dem Transport auf der letzten Meile macht individuelles Verhalten dabei einen Unterschied. Artikel, die in einem physischen Geschäft gekauft werden, das zu Fuß erreicht wird, haben die gleiche Klimabilanz wie der Online-Käufer. Weil viele City-Shopper aber mit dem Auto unterwegs sind, schneidet der E-Commerce auch bei der Verkehrsbelastung besser ab.
Es heißt gerne, E-Commerce sei für eine Verstopfung der Innenstädte verantwortlich. Ist die Annahme den Fakten nach richtig?
Der E-Commerce spart das 4- bis 9-Fache des Verkehrs, den er verursacht. E-Commerce-Lieferungen an Verbraucher stehen für 0,5 Prozent des Gesamtverkehrs in städtischen Gebieten, der physische Einzelhandel für 11 Prozent. Diese Zahlen beruhen auf Analysen in den Städten Paris, Berlin und London. Im Großraum Paris zum Beispiel verursacht der physische Einzelhandel (einschließlich Lagerauffüllung in den Geschäften und der Verbraucher, die zu den Geschäften fahren) im Vergleich zu E-Commerce-Lieferungen das 4,7-Fache des Verkehrs pro verkaufte Einheit. Insgesamt ersetzen E-Commerce-Lieferungen die Fahrten der Verbraucher zu den Geschäften und sparen das 4- bis 9-Fache des ansonsten verursachten Verkehrs.