Bärbel Grünberger seufzt: „Wir kämpfen weiter und hoffen, dass unser Geschäft bald wieder anzieht.“ Die Unternehmerin blickt sich in ihrem Büro in Straßlach bei München um. Von hier aus leitet sie ihr Geschäft, das Lebenswerk ihres Vaters, das sie 2009 übernommen und seitdem weiter ausgebaut hat. Unter der Marke Varia Living verkauft sie selbst designte Möbel und Deko-Artikel. Ihre Kundinnen und Kunden erreicht sie vorwiegend über den stationären Einzelhandel und direkt über Amazon. Als im März 2020 der Beschluss kam, dass Ladengeschäfte schließen müssen, fiel ein Großteil ihres Geschäfts über Nacht weg.
„Ich hatte schon Angst“, gibt die erfahrene Geschäftsfrau zu. In den ersten Tagen war die Nachfrage nach ihren Produkten komplett eingebrochen. Doch schon bald erreichten sie wieder Bestellungen: Auf Amazon wuchs die Nachfrage um 55 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bärbel Grünberger war erleichtert. Dabei ist sie noch gar nicht so lange vom Online-Handel überzeugt. 2018 hatte Bärbel Grünberger an der Förderinitiative Unternehmerinnen der Zukunft (UdZ) teilgenommen. Mit Unterstützung eines Coaches hatte sie im Rahmen des Programms ihre Online-Aktivitäten massiv ausgebaut, z.B. im Bereich Kundensupport für Privatkunden. Das zweite Standbein kommt ihr zwei Jahre später nun zu Gute, sodass sie das Familienunternehmen nicht aufgeben muss.
„Ich bin so froh, dass ich in den Online-Handel eingestiegen bin. Die Nachfrage Online rettet mich jetzt über die Krise."
Viele kleine und mittlere Unternehmer machen derzeit ähnlich wie Bärbel Grünberger die Erfahrung, dass sie sich schnell und flexibel anpassen müssen, um durch die Krise zu kommen. Das Traditionsunternehmen Hut Breiter zum Beispiel ist seit 155 Jahren nicht aus der Münchner Innenstadt wegzudenken. Jahrzehnte fertigte der Familienbetrieb im Münchner Meisteratelier feine Hüte und Mützen in Handarbeit. Jetzt produziert die Manufaktur vor allem Mund-Nasen-Masken. Die Kundinnen und Kunden erreicht Hut Breiter derzeit überwiegend Online, erzählt der Geschäftsführer Alexander Breiter: „Zu Beginn der Krise war ich selbst sieben Tage die Woche damit beschäftigt, Ware bei Amazon neu einzustellen – so stark stieg die Nachfrage. Gerade für unsere ältere Kundschaft nehmen wir uns viel Zeit bei Fragen und geben gerne Nachhilfeunterricht im Onlineshopping.“
„Gerade ältere Damen und Herren haben das Online-Einkaufen für sich entdeckt und rufen an, um zu fragen wie man eigentlich etwas bestellt. Wir nehmen uns viel Zeit, um ihre Fragen zu beantworten."
Unternehmer stellen nicht nur die Produktion um. Viele bringen auch ihre Expertise mit ein, wie Eileen Sharlene Bavendiek, Inhaberin der Sharlene GmbH aus Steinfeld bei Oldenburg. Ihr Kerngeschäft ist normalerweise die Herstellung von mitwachsender Baby- und Kindermode, die per Handarbeit nachhaltig in Deutschland in ihrer eigenen Näherei produziert wird. Als sich abzeichnete, dass sehr viele Alltagsmasken für die Bevölkerung gebraucht werden und sie mit genähten Masken den Bedarf gar nicht mehr decken konnte, kam die Unternehmerin auf eine neue, kreative Lösung. Sie erklärt: „Wir haben ein innovatives Clip-In-System entwickelt. Dieser Clip lässt sich ganz einfach mit verschiedensten Materialien, wie z.B. einem Taschentuch, und wenigen Handgriffen zu einer Maske anpassen“. Zusammen mit ihrem Mann und externen Partnern hat sie das Clip-In-System „SPROSS“ entworfen und eine schnelle Produktion angestoßen, um der großen Nachfrage nachzukommen.
Der Einsatz und die kreativen Ideen der Unternehmerinnen und Unternehmer helfen dabei, Kundinnen und Kunden mit Dingen zu versorgen, die sie benötigen und die das Zuhause bleiben verschönern – ohne, dass sie dafür das Haus verlassen müssen. Wirtschaftlich gesehen geht es bereits bergauf. Bärbel Grünberger z.B. hat in der Krise Arbeitsplätze geschaffen und zwei neue Mitarbeiter in ihr Team geholt, um auf die gesteigerte Online-Nachfrage zu reagieren. Nicht nur die neuen Kollegen, auch die Kundinnen und Kunden bestärken Bärbel Grünberger weiterzumachen: „Wir bekommen derzeit viele Bilder mit unseren Produkten und besonders viele nette Nachrichten im Kundenkontakt. Das motiviert mich.“
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