Im Sommer wurden die vier „Unternehmer der Zukunft“ gekürt, die Gewinner des gleichnamigen Förderprogramms zur Unterstützung kleiner Unternehmen auf ihrem Weg in den E-Commerce. Die Neuauflage des Programms, eine gemeinsame Initiative von Amazon, dem Verband deutscher Unternehmerinnen und Women in Digital, richtet sich nun explizit an Frauen. Unter den Coaches des Förderprogramms „Unternehmerinnen der Zukunft“ finden sich auch zwei Gewinnerinnen der ersten Runde – Stephanie Oppitz und Christiane Jordan. Im Interview erzählen die beiden von ihren Erfahrungen als Unternehmerinnen und ihrer Motivation, dieses Jahr als Coaches bei „Unternehmerinnen der Zukunft“ dabei zu sein.
Ihr seid zwei von vier Gewinnern der ersten Ausgabe von „Unternehmer der Zukunft“. Was ist euer Erfolgsgeheimnis?
Stephanie: Wir stehen komplett hinter unseren Produkten für Kinder. Bei Christiane sind das die handgemachten Babytragen und bei uns ökologisch hergestellte Stoffwindeln. Aus eigenem Bedarf heraus haben wir bei unserem dritten Kind ein 3-in-1-Stoffwindelsystem entwickelt. Ich bin überzeugt: Das ist besser für das Kind und für die Umwelt. Denn durch das Wickeln mit Stoffwindeln ersparen wir unserer Erde pro Kind bis zu 5.000 Wegwerfwindeln und 1,25 Tonnen Müll. Wir wollen helfen, diese Umweltbelastung zu minimieren.
Christiane: Was uns außerdem verbindet, ist, dass wir beide unsere Unternehmen selbst aufgebaut haben. Wir haben klein angefangen und jeden Entwicklungsschritt begleitet. Auch sind wir nicht bloß am Umsatz interessiert, sondern bieten Kunden einen zusätzlichen Mehrwert mit unserer Einstellung zu ökologischen und fairen Produkten.
Stephanie: Das stimmt! Christiane und ich kannten uns ja bereits vor „Unternehmer der Zukunft“, und eines unserer Erfolgsgeheimnisse ist unser unternehmerisches Miteinander. Wir tauschen uns aus und unterstützen uns gegenseitig.
Christiane: Ich denke, wir haben auch schon vor der Teilnahme an „Unternehmer der Zukunft“ vieles richtig gemacht, etwa in puncto Professionalisierung. Im Rahmen des Programms haben wir dann gelernt, dass es gerade mit unseren Nischenprodukten wichtig ist, Aufmerksamkeit zu generieren. Aufgrund der überschaubaren Größe unserer Unternehmen fällt es uns relativ leicht, Prozesse in Gang und Entscheidungen umzusetzen. Wir sind sehr flexibel.
Letztes Jahr wart ihr zwei selbst noch Teilnehmer des Programms. Nun wechselt ihr die Seiten. Stephanie, du bist sogar das Gesicht von „Unternehmerinnen der Zukunft“ und beispielsweise auf Flyern abgebildet. Warum hast du dich entschieden, dieses Jahr als Coach dabei zu sein?
Stephanie: Auch wir haben von allen Seiten viel Unterstützung erfahren, beispielsweise zum Programm Amazon Handmade, das für uns komplett neu war. Zudem ist die Tätigkeit als Mentor ja keine Einbahnstraße. Coach und Mentee profitieren wechselseitig voneinander. Wir freuen uns auf die Arbeit mit den Kandidatinnen und hoffen, mit ihnen gemeinsam viel bewegen zu können. Und klar, für uns ist es spannend zu sehen, wie wir als Coaches wirken und unsere Beratung angenommen wird. Das sind Erfahrungen, die wir in unser eigenes Business zurückführen wollen.
Was hat euch persönlich am meisten weitergebracht und was könnt ihr euren Mentees schon heute aus euren Erfahrungen vom letzten Jahr mitgeben?
Christiane: Einfach mal machen anstatt lange zu überlegen – mit dieser Devise sind wir bisher meist erfolgreich gewesen und wurden darin auch bei „Unternehmer der Zukunft“ bestärkt. Wir waren schon immer experimentierfreudig und haben Sachen ausprobiert. Außerdem haben wir viel in Sachen Logistik gelernt. Kunden schätzen eine schnelle Lieferung. Die zentrale Frage für uns war daher, wie wir unsere Prozesse ändern können, um einen schnellen Versand zu gewährleisten. Neben der Umstellung von Einzelstücken auf größere Kollektionen und der Vorverpackung der Produkte setzen wir zudem auf Versand durch Amazon. Das nimmt uns gerade in Stoßzeiten vor Weihnachten viel Arbeit ab. Zudem haben wir durch unsere Präsenz im Internet viele lokale Kunden auf uns aufmerksam machen können. Es kommt gar nicht selten vor, dass Kunden bei uns im Laden stehen und sagen, sie hätten uns zuerst auf Amazon entdeckt und dann gesehen, dass wir auch stationär verkaufen.
Stephanie: Wir haben sehr akribisch mit dem Workbook (Anm.: wurde an alle Kandidaten ausgehändigt, um ihren Maßnahmenplan zu definieren) gearbeitet und uns dabei zwei zentrale Fragen gestellt, für die im Arbeitsalltag oft viel zu wenig Zeit bleibt: Wo stehen wir heute in Sachen Marketing, IT und Logistik? Und wo wollen wir hin? Schritt für Schritt haben wir dann die Punkte bearbeitet. Dazu gehörten die technische Anbindung an die Internet-Marktplätze und die Optimierung der Produktpräsentation mit besseren Bildern und Beschreibungen. Und schließlich das Thema Export: Durch die Übersetzung unserer Produktbeschreibungen in verschiedene Sprachen verkaufen wir mittlerweile europaweit.
Stephanie, du warst ja auch bei der Gewinnerreise in Seattle dabei. Welcher Programmpunkt hat dir am besten gefallen?
Stephanie:Ich kann gar nicht nur ein Highlight herauspicken, wir hatten so ein spannendes und abwechslungsreiches Programm – vom Austausch mit amerikanischen Amazon Verkäufern bis hin zum Besuch eines Logistikzentrums vor den Toren von Seattle, in dem die Mitarbeiter von Robotern unterstützt werden. Das Treffen mit Sebastian Gunningham, Senior Vice President Amazon Marketplace, ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Es war spannend, mit ihm über „Global Selling“, also das internationale Verkaufen an Kunden auf der ganzen Welt zu diskutieren.
Was sollten insbesondere Frauen auf ihrem Erfolgsweg beachten? Wo seht ihr Unterschiede, Stärken und mögliche Schwächen oder Herausforderungen im Vergleich zu männlichen Kollegen?
Christiane: Meine Erfahrung: Frauen führen Unternehmen anders als Männer. Unternehmerinnen sind oft parallel noch familiär eingespannt, sie müssen kleinere Schritte gehen, können und wollen sich nicht einzig und allein auf ihr Business konzentrieren.
Stephanie: Männer haben oftmals eine höhere Risikobereitschaft. Frauen planen konservativer, die Sprünge sind nicht so groß, aber nachhaltiger. Das sind natürlich Verallgemeinerungen und sie gelten nicht für jeden Unternehmer oder jede Unternehmerin, aber ich glaube schon, dass Frauen besser mit ihren Kräften haushalten (müssen) als Männer. Frauen wollen alles perfekt machen, erarbeiten erst einen detaillierten Plan und gehen dann in die Umsetzung. Männer sind spielerischer, mutiger.
Christiane: Ich glaube aber auch, dass wir bei „Unternehmer der Zukunft“ erfolgreich waren, weil wir den unbedingten Willen hatten, allen zu zeigen, was wir können. Ich freue mich sehr, dass in der zweiten Runde des Programms explizit Frauen aufgerufen sind, weil ich denke, dass Frauen eben dieser Erfolgswille auszeichnet. Denn wir brauchen mehr Vorbilder!
Die Gründerin der Dresdner „Windelmanufaktur“ Stephanie Oppitz konnte mithilfe ihres Coaches Jörg Kundrath von KAVAJ ihre bestehende Marke für Stoffwindeln ausbauen und sicherte sich damit den ersten Platz in der Kategorie „Markenbildung“. Im August wurde sie zudem mit dem Publikumspreis des Sächsischen Innovationspreises (MDR aktuell und Sachsen Fernsehen haben darüber berichtet) ausgezeichnet. Die beiden Gründerinnen von Madame Jordan, Antje Rudolph und Christiane Jordan, fertigen in ihrem Berliner Atelier in Handarbeit Premium-Babytragen aus ökologisch und fair produzierten Stoffen. Bei „Unternehmer der Zukunft“ kürte sie die Jury zum Sieger in der Kategorie „Export“. Für die zweite Edition des Förderprogramms „Unternehmerinnen der Zukunft“ sind noch bis zum 31. Dezember 2017 Bewerbungen möglich. Weitere Informationen gibt es unterwww.amazon.de/unternehmerinnenderzukunft