Was ist das weltweit in die meisten Sprachen übersetzte deutsche Buch? Na, was denkt Ihr? Goethes Faust? Die Märchen der Gebrüder Grimm? Irgendwas von Freud oder Nietzsche? Ihr ahnt es schon: keines davon. Es ist das Kinderbuch „Bin ich klein?“ von Kindle Direct Publishing-Autor Philipp Winterberg. Überrascht? Vermutlich genau so sehr wie der Autor selbst, als ihn der Anruf der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig erreichte: Sein Buch wird auf Platz eins der meistübersetzten deutschen Werke neben den oben genannten Literatur-Titanen in der Ausstellung „Übersetzen – von Babylon nach Deepl. Das Europa der Sprachen“ gezeigt. „Das war schon ein irres Gefühl, als ich erfuhr, dass nicht Grimms Märchen ganz oben auf der Liste stehen, sondern ‚Bin ich klein?‘“, sagt Philipp Winterberg. Dabei dürfte der Schriftsteller Anrufe wie diesen mittlerweile gewöhnt sein. Sein Buch, das in 175 Sprachen und Dialekten sowie tausenden zweisprachigen Versionen erschienen ist, wurde bereits mit einem Vielfaltspreis und einem Vielfaltssiegel ausgezeichnet. Darüber hinaus ist sein Werk ein „Weltkinderbuch“, da es für jedes Land der Erde in mindestens einer Landessprache vorliegt.
„Als Kind wollte ich Erfinder werden. Heute kann ich das, was mich an diesem Beruf fasziniert hat, jeden Tag als Autor leben: als Pionier völlig neue Themen und Projekte wagen."
Ein Geburtstagsgeschenk mit Folgen
Ob es an seinen eigenen internationalen Wurzeln als Kind einer multikulturellen Patchworkfamilie liegt, dass er dieses internationale Buchprojekt startete, oder an seinem Faible für Sprache als Kommunikationswissenschaftler, das kann Philipp Winterberg nicht so genau sagen. „Meine Großmutter ist Italienerin, meine Schwägerin stammt aus Namibia. Kulturelle Vielfalt ist in unserer Familie die Normalität“, so der 41-Jährige. „Aus der Sicht des Kommunikationswissenschaftlers ist ein vielsprachiges Kinderbuch natürlich ein Lebenstraum.“ Diesen begann sich der Selfpublisher 2013 mit der Veröffentlichung der deutschen Version von „Bin ich klein?“ über Amazons Service Kindle Direct Publishing (KDP) zu erfüllen. „Es ist sicher auch ein paar glücklichen Umständen zu verdanken, dass dieses Buch entstanden ist. Eine große Rolle spielte die Geburt meiner Nichte Tamia, die zur Hauptfigur wurde“, erzählt der Autor. „Ich wollte ihr einerseits ein persönliches Geschenk zum zweiten Geburtstag machen, andererseits ist ‚Bin ich klein?‘ auch meine Vision einer bunten, vielfältigen Welt, von der ich mir wünsche, dass sie in ihr aufwächst.“ Tamia, die Tochter von Philipp Winterbergs namibianischer Schwägerin und seinem Bruder, begibt sich in der Geschichte auf die Reise durch eine bunte Wunderwelt. Hier findet das Mädchen die überraschende Antwort auf die Frage, ob sie denn wirklich noch so klein sei, wie alle immer behaupten.
Freiheit, Freiheit, Freiheit!
Mit seiner besonderen Geburtstagsüberraschung legte der Schriftsteller den Grundstein für sein weltumspannendes Buchprojekt – komplett im Selbstverlag. „Ich hatte zuvor schon mehrsprachige Kinderbücher über KDP veröffentlicht und wusste, wie leicht das geht. Ich konnte einfach loslegen und ohne Riesenbudget ein internationales Projekt starten. Diese Freiheit, diese Geschwindigkeit, das wäre mit einem klassischen Verlag so nicht möglich gewesen“, ist sich Philipp Winterberg sicher.
„Freiheit, Freiheit, Freiheit! Und Geschwindigkeit! Beim Self-Publishing kann man fast alles völlig frei entscheiden und innerhalb kürzester Zeit ein Buch veröffentlichen. Das ist traumhaft!"
KDP unterstützt über 40 Sprachen als Taschenbuch oder eBook (bei bilingualen Büchern muss die Erstsprache eine der unterstützen sein). „Bei Burmesisch hat die Software gestreikt, ich musste schließlich jeden Satz einzeln als Grafikdatei einfügen. Und nach einem Tibetisch-Übersetzer habe ich fast ein Jahr lang gesucht“, erinnert sich der Selfpublisher an einige Herausforderungen. Von seinem Ziel ließ er sich dadurch aber nicht abbringen. In über 500 Sprachen will er sein Buch herausgeben und damit Kinder und ihre Familien in den entlegensten Orten der Welt erreichen. Vielleicht klingelt dann wieder das Telefon auf Philipp Winterbergs Schreibtisch und ein Redakteur vom Guinness-Buch der Rekorde ist am anderen Ende. „Die schönste Auszeichnung ist und bleibt für mich aber“, betont der Autor, „wenn Eltern, Großeltern und Kinder mit meinem Buch einen wunderschönen gemeinsamen, bunten, glücklichen Moment verbringen.“